

OBJEKTE · ZEICHNUNG · MALEREI
Kunst Kabinett Herspert
Platz der Künste 1
51580 Reichshof-Hespert
E-Mail: info@kunstkabinetthespert.de
www.kunstkabinetthespert.de
Vernissage: Sonntag, 22. Januar 2023 ab 15.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 02.01. - 16.04.2023
Öffnungszeiten: Sa. und So.: jeweils von 15.00 - 17.00 Uhr
und für Gruppen und Schulklassen nach
Absprache per E-Mail
Die TeeObjekte von Marion Menzel verknüpfen in zwei Traditionen der
Kunstentwicklung im 20. Jahrhundert. Einerseits die der Arte Povera und des
Nouveau Réalisme, ohne die ein organisches Material als Medium nicht denkbar
wäre, und andererseits die Jahrtausende alte Auffassung der Skulptur als ewig
Währendes. Menzel hat einen Weg gefunden, das organische Material Tee dem
Zerfallsprozess zu entreißen und es so quasi 'für die Ewigkeit' zu präparieren.
Dass das Material eine besondere Rolle spielt, wird durch die
Wiedererkennbarkeit der Formen signalisiert. Die Formen geben bei Menzels
Objekten keine Rätsel auf, sie sind leicht zu identifizieren: Schuhe, Kugeln,
Blüten, Beutel oder Einzeller. Die Form soll nicht auf eine falsche Fährte
führen, denn es geht um das Material und die Placierung des Werkes im Raum.
Dreidimensionalität im Kleinen wie im Großen. Die Teeblätter werden durch
Versiegelung haltbar gemacht und bekommen durch Nachbearbeitung ihren
ursprünglichen Farbton zurück. Nicht nur, dass Menzel dadurch den natürlichen
Auflösungsprozess unterbricht - es entsteht auch eine bizarre Oberfläche, die
eine neue Realität schafft. Wahrhaft künstlich und doch berührbar, begreifbar.
Beginnend in den 70er Jahren war für Menzel die Auseinandersetzung mit dem Thema
"Frau" auch eine persönliche Stellungnahme und Reflektion. Die Frau als Göttin,
als Sexualobjekt, als durch Träume gebeuteltes Wesen. Aus diesem Prozess heraus
entstanden zahlreiche Stoffbilder. Als diese Phase abgeschlossen war, änderten
sich auch die Materialien. Die Affinität zum Dreidimensionalen blieb. Auch die
Liebe zum Wiedererkennbaren.
Die Friesbilder ziehen sich wie ein roter Faden durch das Gesamtoeuvre der
Künstlerin. Sie behandeln eigentlich Alltagsgeschichten, und sind Skizzenbüchern
entnommen, die Menzel wie Tagebücher führt. Hier werden kleine Ereignisse
festgehalten - und dies buchstäblich, denn die Bilder zeigen oft kleine
Fundstücke wie z. B. eine abgebrochene Messerspitze oder einen Rest Kaffeeprütt,
der von einem Atelierplausch übrig blieb. Es sind z. T. aber auch Vorstudien zu
neuen Arbeiten. Sie als "Bilder" zu bezeichnen ist eigentlich schon irreführend,
auch wenn sie tatsächlich als rechteckige Formate für eine Wand konzipiert sind.
Bilder und damit Malerei sollte ja bis ins 20. Jahrhundert eine
Dreidimensionalität vortäuschen, die realiter auf der zweidimensionalen Fläche
gar nicht vorhanden war.
Mit Illusion haben die Wandobjekte von Marion Menzel nichts zu tun, selbst wenn
es Zeichnungen sind. Es geht immer um Wirklichkeit - und die ist
dreidimensional. Die Konsequenz aus dieser Haltung ist das Aufziehen der Bilder
auf dicke Keilrahmen. Als blockartige Wandobjekte grenzen sie sich eindeutig und
ganz dezidiert von dem Status eines Bildes ab. Mittlerweile gibt es über hundert
Exemplare, die aber je nach Kontext immer wieder zu neuen Kombinationen, als
Fries, zusammengefügt werden können.
Text: Dr. Susanne Wischermann